Was mache ich bei einem annulliertem Flug?
Auf dem ursprünglich gebuchten Flug wurde man nicht befördert?
Der Flug wurde storniert und man konnte daher nicht zur geplanten Zeit abfliegen?
Der Flug wurde umgebucht und man musste auf eine andere Maschine ausweichen?
Unabhängig davon, ob der angebotene Ersatzflug zeitlich nach vorn oder hinten verlagert wurde, kann die Prüfung eines Ausgleichsanspruchs ratsam sein. Die Höhe der Ausgleichszahlung richtet sich bei Annullierungen genauso wie bei Verspätungen nach der Länge der Flugstrecke:
250 EUR bei einer Flugstrecke bis zu 1500 km
400 EUR bei einer Flugstrecke von mehr als 1500 km bis zu 3500 km sowie allen
400 EUR bei Flügen innerhalb der EU mit einer Flugstrecke von mehr als 1500 km
600 EUR bei einer Flugstrecke von mehr als 3500 km
Entscheidend für die Höhe des Anspruchs ist zusätzlich, ob und wie viele Tage vor Abflug die Fluggesellschaft oder das Reisebüro einen über die Annullierung des Fluges informiert hat. Je nachdem in welcher Zeitspanne und mit welchen neuen Flugzeiten man die Annullierung mitgeteilt wurde, kann sich der Ausgleichsanspruch gegebenenfalls um 50 % reduzieren. Bei Annullierungen, die mehr als zwei Wochen vor Reiseantritt bekannt gegeben wurden, stehen Ihnen als Passagier keine Ansprüche mehr zu.
Diese Beträge müssen von der Fluggesellschaft an den Passagier ausgezahlt werden, es sei denn, es kommt zu einer Verspätung auf Grund von außergewöhnlichen Umständen.
Was mache ich bei einem verspäteten Flug?
Oftmals ist es für den Passagier bereits schwierig, eine Flugverspätung von einer Flugannullierung zu unterscheiden, denn dies richtet sich nicht nach der Definition der Fluggesellschaft sondern vielmehr nach verschiedenen objektiven Kriterien. Eine ausgleichspflichtige Verspätung liegt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dann vor, wenn man mit dem ursprünglich gebuchten Flug befördert wurde und sich Ihre Ankunft am Zielflughafen um mehr als 3 Stunden verspätet hat. In einem solchen Fall hat man Anspruch auf eine Ausgleichsleistung in Höhe von bis zu 600 EUR, abhängig von der Länge der Flugstrecke bis zu ihrem Endziel:
Laut EU-Verordnung 261/2004 stehen einem Flugpassagier bei einer Ankunftsverspätung von mehr als 3 Stunden folgende Ausgleichsleistungen zu:
250 EUR bei einer Flugstrecke bis zu 1500 km
400 EUR bei einer Flugstrecke von mehr als 1500 km – 3500 km
400 EUR bei allen Flügen innerhalb der EU über 1500 km Flugstrecke
600 EUR bei einer Flugstrecke von mehr als 3500 km
Diese Beträge müssen von der Fluggesellschaft an den Passagier ausgezahlt werden, es sei denn, es kommt zu einer Verspätung auf Grund von außergewöhnlichen Umständen (z.B. Streik, besondere Unwettersituationen etc.).
Abgesehen von diesen Ausgleichsansprüchen steht einem bei einer Flugverspätung natürlich auch eine der Wartezeit angemessene Betreuung und Verpflegung zu.
Was mache ich bei einem überbuchten Flug?
Der gebuchte Flug wurde durchgeführt, jedoch hat die Fluggesellschaft Ihnen die Beförderung auf diesem Flug verweigert und Sie mussten daher auf einen anderen Flug ausweichen? Leider kommt es oft vor, dass Passagiere trotz bestätigter Buchung einfach nicht befördert werden, beispielsweise weil der Flug überbucht war, indem die Fluggesellschaft schlicht mehr Buchungen bestätigt hat als tatsächlich Sitzplätze vorhanden waren. Das ist eine Prozedur die bei Airlines üblich ist. In der Regel haben sie ihre EDV System so im Griff, dass keine Überbuchung vorkommt, aber es passiert hin und wieder doch einmal.
Es steht grundsätzlich bei jeder verweigerten Beförderung ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zu, soweit keinerlei Ausschlussgründe wie Krankheit, Beeinträchtigungen oder Sicherheitsrisiken vorlagen und man sich rechtzeitig, d. h. mindestens 45 Minuten (bei einigen Flüge kann es auch mehr sein) vor Abflug am Check-In eingefunden haben.
Unabhängig von der Wartezeit auf einen anderen Flug wird die Höhe der zustehenden Ausgleichszahlungen ausschließlich anhand der Flugstrecke ermittelt.
250 EUR bei einer Flugstrecke bis zu 1500 km
400 EUR bei einer Flugstrecke von mehr als 1500 km bis zu 3500 km
400 EUR bei allen Flügen innerhalb der EU mit einer Flugstrecke von mehr als 1500 km
600 EUR bei einer Flugstrecke von mehr als 3500 km
Diese Beträge müssen von der Fluggesellschaft an den Passagier ausgezahlt werden. Unabhängig davon kann man selbstverständlich einen Ersatzflug beziehungsweise eine Rückerstattung des Flugtickets verlangen, falls man sich entscheidet die Reise nicht oder mit einer anderen Fluggesellschaft fortzusetzen.
Ausgleichszahlung für verpassten Anschlussflug
 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2013
 (Az.: X ZR 127/11)
 I. Leitsätze
 1. Den Fluggästen eines verspäteten, nach Art. 3 Abs. 1 in den
 Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallenden Flugs
 steht ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 zu, soweit sie infolge der
 Verspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von
 mindestens drei Stunden erreichen.
 2. Dies gilt auch, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruht,
 dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht in den
 Anwendungsbereich der Verordnung fallender oder selbst nicht
 verspäteter Anschlussflug verpasst wird.
 II. Sachverhalt
 Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht eines Mitreisenden
 auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von jeweils 600 € nach der Fluggastrechteverordnung
 (Verordnung (EG) Nr. 261/2004; im Folgenden FluggastrechteVO) in Anspruch.
 Die Reisenden buchten bei der Beklagten für den 20. Januar 2010 eine Flugreise von BerlinTegel über Madrid nach San José (Costa Rica). Der Start des von der Beklagten
 durchgeführten Fluges von Berlin nach Madrid erfolgte mit einer Verspätung von eineinhalb
 Stunden, was dazu führte, dass die Reisenden den Anschlussflug nach San José nicht mehr
 erreichten, weil der Einsteigevorgang bereits beendet war, als sie an dem betreffenden
 Ausgang ankamen. Sie wurden erst am folgenden Tag nach San José befördert.
Schmerzensgeld wegen nicht erbrachter
 Betreuungsleistungen
Urteil zur Nichtvornahme von Betreuungsleistungen nach der EUFluggastrechteVO
 Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim vom 11. Juli 2013
 (Az.: 3 C 479/13 (36))
I. Leitsatz
 Das ausführende Luftfahrtunternehmen ist nach der EU-FluggastrechteVO
 verpflichtet, dem Passagier im Falle einer Flugannullierung beziehungsweise
 Verspätung Mahlzeiten und Erfrischungen im angemessenen Verhältnis zur
 Wartezeit unentgeltlich anzubieten. Dies gilt auch dann, wenn es sich für das
 Luftfahrtunternehmen selbst schwierig gestaltet, in ausreichendem Maße
 Getränke zu besorgen, weil am Flughafen kein Geschäft geöffnet ist.
II. Sachverhalt
 Der Kläger buchte bei der Beklagten einen Flug von Santo Domingo nach Frankfurt, der um
 15:25 Uhr Ortszeit starten sollte. Nachdem der Kläger gegen 13:00 Uhr eingecheckt hatte,
 befand er sich im internationalen Bereich des Flughafens, wo alle Geschäfte geschlossen
 waren. Nachdem der Start zunächst um 10 Minuten, sodann um eine halbe Stunde
 verschoben worden war, wurde schließlich mitgeteilt, dass die Passagiere per Bustransfer
 nach Punta Cana gebracht werden sollten, um vom dortigen Flughafen abzufliegen.
 Zielflughafen sollte nunmehr München sein. Der Transfer erfolgte gegen 19:00 Uhr Ortszeit.
 In der Zwischenzeit hatte der Kläger, der seit Jahren an Diabetes mellitus leidet und
 deswegen in 4-stündigen Abständen Medikamente einnehmen muss, trotz mehrfachen
 Nachfragens bei dem Abfertigungspersonal kein Wasser erhalten. Entgegen der Zusage,
 dass es an Bord des Busses Getränke geben würde, standen dort weder Wasser noch
 andere Lebensmittel zur Verfügung. Da im Flughafen von Punta Cana kein Kiosk mehr
 geöffnet war, erhielt der Kläger erstmals an Bord der Maschine nach München um 23:00 Uhr
 Ortszeit etwas zu trinken.
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 Der Kläger macht gegenüber der Beklagten eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600,00
 Euro nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (im Folgenden: FluggastrechteVO) sowie
 Schmerzensgeld in Höhe von 200,00 Euro für die Beeinträchtigungen aufgrund der
 fehlenden Versorgung mit Getränken und Nahrung geltend.
 Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger hätte aufgrund seiner Erkrankung bereits vor
 Antritt der Reise für entsprechende Notfallreserven an Wasser sorgen müssen.
III. Aus den Entscheidungsgründen
 Der Kläger kann zunächst die geltend gemachte Ausgleichsleistung in Höhe von 600,00
 Euro verlangen. Hierbei konnte offenbleiben, ob es sich vorliegend um einen Fall der
 Flugverspätung oder der (faktischen) Annullierung handelt.
 Nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sind die Passagiere verspäteter Flüge
 hinsichtlich der Anwendung des Ausgleichsanspruchs den Passagieren annullierter Flüge
 gleichzustellen, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges ihr Ziel nicht früher als 3 Stunden
 nach der von dem Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen. Der
 Kläger ist unstreitig über 8 Stunden später als geplant gelandet.
 Der Kläger kann überdies ein Schmerzensgeld in geltend gemachter Höhe gemäß Art. 5
 Abs. 1 lit. a), Art. 6 Abs. 1 lit. c) FluggastrechteVO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 lit. a)
 FluggastrechteVO in Verbindung mit §§ 280, 281 BGB wegen Nichterfüllung der der
 Beklagten obliegenden Verpflichtung zur Erbringung bestimmter Betreuungsleistungen
 verlangen. Hiernach ist das ausführende Luftfahrtunternehmen verpflichtet, dem Passagier
 im Falle einer Flugannullierung beziehungsweise Verspätung Mahlzeiten und Erfrischungen
 im angemessenen Verhältnis zur Wartezeit unentgeltlich anzubieten. Dem ist die Beklagte
 vorliegend nicht nachgekommen, da der Kläger unstreitig während eines Zeitraums von
 nahezu 10 Stunden weder Wasser noch andere Lebensmittel erhalten hat. Die Bestimmung
 einer Frist zur Leistung im Sinne von § 281 Abs. 1 S. 1 BGB war vorliegend gemäß § 281
 Abs. 2 BGB entbehrlich, da dem Kläger auf sein mehrfaches Ersuchen nach Wasser bereits
 in Santo Domingo zu verstehen gegeben wurde, dass vor Ort keine Versorgung stattfinden
 würde, indem man ihn auf den späteren Bustransfer verwies. Während diesem Transfer
 wurden wiederum keine Betreuungsleistungen vorgenommen.
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 Durch das „erzwungene“ Ausharren über 10 Stunden ohne Wasser ist dem Kläger ein
 immaterieller Schaden in Form einer Gesundheitsbeeinträchtigung entstanden. Unter eine
 solche fällt jedes Hervorrufen eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig
 abweichenden Zustands. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass mit seiner
 Erkrankung ein erhöhtes Durstempfinden einhergeht. Der infolgedessen von ihm dargelegte
 übermäßige Durst ist ohne Weiteres nachzuvollziehen. Das insbesondere vor dem
 Hintergrund, dass er sich in einem tropischen Land befand, wo erfahrungsgemäß aufgrund
 des Temperaturniveaus und der erhöhten Luftfeuchtigkeit ein rascher
 Flüssigkeitsstoffwechsel stattfindet und eine unzureichende Versorgung mit Getränken über
 einen Zeitraum von vielen Stunden grundsätzlich als physisch kaum erträglich empfunden
 werden muss. Die Beeinträchtigung erfolgte aufgrund der Nichtvornahme der geschuldeten
 Betreuungsleistungen.
 Der geforderte Betrag von 200,00 Euro ist auch seiner Höhe nach nicht zu beanstanden.
 Das Ausmaß des Schmerzensgeldes muss in einem angemessenen Verhältnis zu Art und
 Dauer der Verletzung unter Berücksichtigung aller für die Höhe maßgeblichen Umstände
 stehen. Die geforderte Summe begegnet in Ansehung des Erduldens krankheitsbedingt
 erhöhten Durstes über viele Stunden in einem tropischen Land keinen Bedenken. Dies gilt
 auch unterstellt für den Fall, dass es sich für die Beklagte selbst schwierig gestaltet hätte, in
 ausreichendem Maße Getränke zu besorgen, wenn am Flughafen von Santo Domingo –
 zumindest im internationalen Bereich – kein Geschäft geöffnet gewesen wäre.
 Der Anspruch ist schließlich auch nicht infolge eines Mitverschuldens des Klägers im Sinne
 von § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Der Auffassung der Beklagten, der Kläger hätte sich
 eigenverantwortlich mit Wasserreserven versorgen müssen, kann bereits deshalb nicht
 gefolgt werden, weil die Mitnahme von Flüssigkeiten jeder Art in bestimmten Zonen des
 Flughafens beziehungsweise an Bord einer Maschine aus Sicherheitsgründen stark limitiert
 ist. Die Möglichkeit, an den Flughäfen von Santo Domingo und Punta Cana eigenständig
 Getränke zu erwerben bestand für den Kläger nicht, da die dortigen Geschäfte nicht geöffnet
 waren.
 (Das Urteil ist rechtskräftig.)
 








