Ein Tag im Leben eines Piloten

Wer träumte in seiner Kindheit nicht einmal davon Pilot zu werden? Aber was muss ein Pilot eigentlich alles vor und während eines Fluges machen? Captain Tom Schneider von der Schweizer Fluggesellschaft „edelweiss  air“ gibt uns einen Einblick. Er nimmt uns mit auf einen Flug von Zürich nach Las Palmas (Gran Canaria).

Flugvorbereitung:

Um 12.15 Uhr betrete ich heute das Operations Center 1 am Flughafen in Zürich-Kloten. Heute steht ein sogenannter Ping-Pong-Flug nach Gran Canaria an. Das heisst, wir fliegen hin und am gleichen Tag wieder zurück. Es ist 12.30 Uhr, also eine Stunde vor Abflug, als wir mit dem Briefing beginnen. Dabei sehen wir, mein Copilot und ich, gemeinsam die Flugunterlagen durch.

Nebst dem aktuellen und dem voraussichtlichen Wetter an der Destination, wird auch das Wetter an sämtlichen Flugplätzen entlang der Route überprüft. Dazu konsultieren wir das Wetter-Radar. Dieses zeigt das zu erwartende Wetter während des Flugs an. Besonders Niederschläge und Gewitterregionen werden genau analysiert. Zudem werden die Flugpläne und spezielle Informationen der wichtigsten Flugplätze kontrolliert. Danach entscheiden wir gemeinsam, wie viel Kerosin getankt wird.“

 

„Bevor wir die Planung für unseren Flug definitiv abschliessen können, gibt der Copilot die berechnete Kerosinmenge und die richtigen Gewichte an die Einsatzleitstelle (ELS) weiter. Aufgrund dieser Angaben erstellt die ELS die genauen Ladeberechnungen für unseren Flug. Währenddessen werfe ich einen letzten Blick auf die Ankunftsseite. Hier kann ich nachschauen, ob der Flieger vom vorherigen Flug, in diesem Fall ist es Mykonos, pünktlich ankommt und an welche Parkposition er rollen wird.

Mittlerweile haben wir die Ladeberechnungen von der ELS bekommen. Jetzt können wir die benötigten Geschwindigkeiten für den Start berechnen und die optimale Startbahn wählen.“

 

Briefing mit der Crew:

„Zur gleichen Zeit wie wir, hat sich auch die Kabinencrew zum Briefing getroffen. Zum Schluss setzen wir uns zusammen und besprechen noch einige Details zum Flug. Dabei wird die Crew über den genauen Flugablauf, die Route, mögliche Turbulenzen, die Flugzeit und das Wetter an der Destination informiert.

Es ist sehr wichtig, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Cockpit und der Kabine gut funktioniert. Denn nur die Kabinenbesatzung kann die Piloten während dem Flug über Vorkommnisse in der Kabine informieren.“

 

Fahrt zum Flugzeug

„Nach dem Briefing macht sich die Crew gemeinsam auf den Weg zum Flugzeug. Dabei gehen auch wir, genau wie unsere Passagiere, durch die Sicherheitskontrolle, denn es ist auch uns nicht erlaubt, verbotene Gegenstände an Bord zu nehmen. Während der Fahrt mit dem Crewbus zum Flugzeug, stimmen wir uns auf den Flug ein.

Während die letzten Passagiere das Flugzeug verlassen, betreten wir den „Jetty“, die Treppe neben dem Dock. Da es teuer ist, wenn ein Flugzeug am Boden steht, muss alles schnell gehen. Zwischen Ankunft und Abflug der Maschine bleiben gerade mal 60 Minuten. Die Zeit drängt. Die alte Crew übergibt das Flugzeug der neuen, die Reinigungsmannschaft macht das Flugzeug sauber und die Cateringfirma verlädt das Essen. Bevor die neuen Passagiere jedoch an Bord kommen können, steht noch der wichtige Outside Check an.“

 

Outside Check:

Beim Outside Check, der vor jedem Flug stattfindet, werden die wichtigsten Elemente des Flugzeugs begutachtet. Dies ist immer die Aufgabe des Kapitäns. Draussen kontrolliere ich das Fahrwerk, die Räder, die Triebwerke und natürlich auch die Flügel.“

 

Vorbereitungen im Cockpit:

„Kaum habe ich im Cockpit Platz genommen, kommt auch schon der Tankwart mit den aktuellen Kerosinzahlen. Gemeinsam überprüfen der Copilot und ich, ob die Zahlen stimmen und genug Kerosin in den Tanks ist. Da diese Zahlen korrekt sind, können wir die Checkliste durcharbeiten. Sie wundern sich möglicherweise, wieso ich immer von wir spreche, aber wir gehen im Cockpit immer nach dem „Two Men Concept“ vor. Dies bedeutet, dass einer arbeitet und der andere die Arbeit überwacht.“

 

„Während die Passagiere einsteigen, machen wir noch die letzten Vorbereitungen im Cockpit. Wann immer möglich, stehen wir während dem Boarding in der Kabine und begrüssen unsere Passagiere persönlich. Die Zeit vergeht und bereits werden wir vom Traktor zurückgestossen. Während diesem Vorgang startet mein Copilot das rechte Triebwerk.

Es geht jetzt noch eine Minute bis zum Start. Jetzt wird die „Before Departure Checkliste“ abgearbeitet. Ein wichtiger Punkt auf dieser Liste ist, die Kabinenbesatzung via Lautsprecher über den bevorstehenden Start zu informieren. „Cabin Crew Departure in one Minute“ heisst es dann. Wenn sie diesen Satz also bei Ihrem nächsten Flug hören, dann wissen Sie, welche Bedeutung er hat und wieso er gesagt wird.“

 

Take off:

„Wir sind in ständigem Kontakt mit dem Tower, der uns die Starterlaubnis erteilt. Diese haben wir jetzt erhalten und können nun Schub geben. Mit den Schubhebeln regulieren wir die Leistung der Triebwerke. Diese beschleunigen das Flugzeug, in unserem Fall ein Airbus A320, beim Start mit über 30‘000 PS auf gut 280 km/h. Um 13.43 Uhr hebt das Flugzeug ab.“

 

Während dem Flug / Landung:

„Wie schon am Boden, gilt auch in der Luft das „Two Men Concept“. Ein Pilot fliegt das Flugzeug, während der andere assistiert und den Funk bedient. Dieses Konzept ist übrigens auch auf die Essenswahl übertragbar: Kapitän und Copilot dürfen nie das gleiche Menü bestellen. Sollte nämlich etwas mit dem Essen nicht stimmen und dem einen stösst etwas zu, kann der andere das Flugzeug sicher landen. Falls Sie dies bisher für ein Märchen gehalten haben, es ist wirklich wahr.

Die Flugzeit heute beträgt knapp vier Stunden. Während dem Flug informieren wir immer wieder die Passagiere, wo wir uns momentan befinden. Wann immer möglich, geben wir spannende Informationen zu den jeweiligen Orten 10‘000 Meter unter uns weiter.

Mittlerweile sind wir knapp vier Stunden unterwegs und befinden uns bereits im Landeanflug auf den Flughafen von Gran Canaria. Es wird noch eine letzte Kurve geflogen, damit wir mit Hilfe des Instrumenten Landesystems ILS auf den richtigen Kurs und die richtige Höhe für die Landebahn kommen. Nun schalte ich den Autopiloten aus, um die Landung manuell durchzuführen. Es ist 16.08 Uhr Ortszeit, wir sind gelandet. Welcome to Gran Canaria.“

 

Ankunft in LPA:

„Wieder drängt die Zeit. Zwischen Ankunft und Abflug haben wir 50 Minuten Zeit, die Kabine für die nächsten Passagiere vorzubereiten. Während die Passagiere aussteigen, wird ihr Gepäck ausgeladen und das Flugzeug neu betankt. Sobald der letzte Passagier das Flugzeug verlassen hat, kommen die Reinigungskräfte und das Catering an Bord. Das Catering bringt uns lediglich die bestellten Getränke, da wir das Essen für den Rückflug von Zürich mitgenommen haben. Währenddessen bespreche ich mich gemeinsam mit der Chef de Cabine und dem Handling Agent.

Dieser informiert uns unter anderem darüber, wie viele Passagiere auf dem Flug nach Zürich an Bord sein werden. Bevor das Boarding starten kann, machen wir wieder die verschiedenen Checks: den Outside Check, die Vorbereitungen im Cockpit und auch in der Kabine machen wir einen Security Check. Dort überprüfen wir mit der Kabinenbesatzung, ob verdächtige Gegenstände an Bord sind. Sobald dies gemacht ist, sind wir bereit für die neuen Passagiere.“

 

Rückflug:

 

„Wir befinden uns auf dem Rückflug nach Zürich. Alles verläuft normal und ich finde ein bisschen Ruhe, um die Aussicht zu geniessen. Während des Eindunkelns kann ich sogar den Erdschatten erkennen. Was für ein Erlebnis. Obwohl kein Flug so ist, wie der andere, sind die Vorgänge im Normalfall immer die gleichen. Pünktlich um 22.56 Uhr setzen wir wieder in Zürich auf. Sobald wir an unserem Standplatz angekommen sind, können die Passagiere aussteigen und ihre Heimreise antreten. Bevor wir als Crew Feierabend haben, müssen wir den technischen Stand des Flugzeugs schriftlich festhalten. Sogar wenn eine Kaffeemaschine nicht mehr richtig funktioniert, gehen die Techniker diesem Problem sofort nach. Nur so kann gewährleistet werden, dass unsere Flotte immer auf einem technischen Höchststand ist.

Nun können auch wir uns auf den Rückweg machen. Da es keine speziellen Vorkommnisse während dem Flug gegeben hat, verzichten wir heute auf ein Debriefing. Wir müssen uns nur noch bei der ELS zurückmelden, damit sie wissen, dass alle Crewmitglieder wieder zurück sind. Sobald wir ausgecheckt haben, ist unser Arbeitstag vorbei und wir dürfen unseren Feierabend geniessen.“